Von falschen Clownfischen und echten Drachen

Von falschen Clownfischen und echten Drachen

Wie ihr sicher alle wisst, hegte ich bisher eine – wahrscheinlich ungerechtfertigte – Abneigung gegen Mantarochen. Was sich auch bei den ersten schüchternen Tauchversuchen nicht wirklich änderte. Zwar musste ich zugeben, dass Tauchen (viel) mehr Spass macht, als ich erwartete, aber trotzdem: So ganz 100 Prozent wohl fühlte ich mich doch nie. Bis Komodo. Ein Nationalpark benannt nach seinen Drachen und bekannt für seine Rochen.

Nicht unbedingt passend zum Text, aber den wohl malerischsten Sonnenuntergang auf unserer Reise wollten wir euch nicht vorenthalten.

Da wir in Tonga und Neuseeland kein einziges Mal von unserem Tauch-Brevet Gebrauch machten – zuerst war’s zu teuer, dann zu kalt – war es in Indonesien höchste Zeit. Allerdings ist unser neustes Hobby auch in Asien alles andere als billig. Besonders, wenn man in einem der beliebtesten Gebiete eine Liveaboard-Exkursion machen will. Aber wer käme schon auf die Idee.

Was ist ein Liveaboard?

Während man bei normalen Tauchgängen einfach von Land aus geht (und meistens auch nur einen Tag), lebt man bei einem Liveaboard eine Zeit lang auf einem Schiff und geht von dort aus tauchen. Eine Woche lang auf einem Boot wohnen, nur du, das Meer und seine Bewohner… plus die Crew, Divemaster und die anderen Leute, die mit dir gemeinsam tauchen gehen. Das Essen wird dir stets frisch zubereitet, auch die Aktivitäten neben dem Tauchen werden organisiert.


Als wir in Labuan Bajo ankommen, fallen uns direkt die unzähligen Taucher-Schiffe im Hafen auf. Ob diese Stadt hier hauptsächlich eine Destination für Taucher-Touristen is? Hmmmm. Dass so viele Schiffe im Hafen sind, heisst aber auch, dass sich aktuell nicht so viele im Park befinden, oder? Oder?

Hoffentlich nicht unser Schiff.

Nach einer gemütlichen Nacht in einem sehr piratigen Hostel stechen wir wieder in See. Unser erster Gedanke: «Wir vermissen das Segeln!» Mein zweiter Gedanke: «Shit, ich habe die Reisetabletten im grossen Rucksack vergessen.» (Zum Glück nicht weiter tragisch, da sich die Wellen die ganze Zeit ziemlich in Grenzen halten.)

Wie bereits beim Segeln, verschwammen auch hier die Tage. Vielleicht liegt‘s einfach am Meer. Oder am immer gleichen Tagesablauf.

06.00 Uhr: Aufstehen (à la sich mühsam aus dem Bett schälen, Schwierigkeit steigert sich exponentiell mit der Anzahl Tage auf dem Schiff), Tee oder Kaffee (jeweils mit viel Milchpulver und Zucker) trinken und sich fragen, warum genau man so früh aufsteht. Bereit machen zum Tauchen, während die Divemaster das erste Briefing abhalten.

07.00 Uhr: Erster Tauchgang des Tages. Je länger der Trip dauert, desto schwieriger ist es, dabei tatsächlich wach zu sein. Und trotzdem: Sobald man die ersten Fische sieht, weiss man plötzlich wieder, warum man sich so früh aus den Federn schält.

08.30 Uhr: Frühstück. Inklusive Fruchtsaft. Wahrscheinlich wurden wir essenstechnisch nicht einmal auf der Reisfarm so sehr verwöhnt. (But it‘s a very close second.)

10.00 Uhr: Nächster Tauchgang. Mehr Fische, mit etwas Glück (hätte ich vor ein paar Monaten auch nicht gesagt) sogar ein paar Mantarochen.

12.00 Uhr: Mittagessen. Again: Wir haben während unserer Reise wahrscheinlich nie konstant so gut gegessen wie auf dem Liveaboard. Zwölf-Sterne-Koch.

14.00 Uhr: Letzter Tauchgang des Tages. Big sad.

16.00 Uhr: Freizeit – sprich Kartenspiele, lesen, schlafen (ganz viel schlafen) – oder andere Aktivitäten. Inklusive Besuch verschiedenster Inseln und Komodo-Drachen (dazu kommen wir noch).

19.00 Uhr: Nachtessen. Meistens Indonesisch, an einem Abend konnten wir uns aber auch auf Spaghetti mit Pilz-Rahm-Sauce freuen. Beinahe so gut wie meine;)

21.00 Uhr: Debriefing und Schlafen. Schien zunächst etwas früh zum Schlafen, aber bereits am zweiten Tag fiel es einigen schwer, ihre Augen offen zu halten. Als an einem Tag das Debriefing bereits um 20.00 Uhr stattfand, freute ich mich unglaublich.

Alle machen sich bereit zum Tauchen.

Wir kommen gleich zu den ganzen Meeresbewohnern, aber zuerst zu den negativen Sachen. Wobei es davon nicht besonders viel gab. Am Anfang bereitete uns die Wassertemeperatur etwas Sorgen. Während die Aare im Sommer bei 22 Grad als Spaghettiwasser bezeichnet wird, scheint uns unsere Zeit in Südostasien doch ziemlich verweichlicht zu haben. Während die vier Australier fanden, dass das Wasser doch recht angenehm sei, zitterten die beiden Schweizer nach nur zehn Minuten im Wasser. Wie peinlich. Anyway, ein Problem, dass schnell mit einem zweiten Neopren gelöst werden konnte.

Der zweite negative Punkt war der Nachttauchgang. Eigentlich ein sehr entspanntes Erlebnes, bei dem man die Unterwasserwelt mal aus einer anderen Perspektive sieht. In Komodo wurde er ganz schnell zu einem Albtraum. Aus dem Nichts tauchten plötzlich riesige Quallen auf. Lebewesen, die ich nur von oben gerne beobachte.Während die anderen in aller Ruhe nach Mikrolebewesen suchten, bewegte ich meine Taschenlampe panisch hin und her, immer auf der Suche nach den Tieren(?). Let me tell you, ich habe genug von den Organismen für den Rest meines Lebens gesehen. (Anmerkung aus der Zukunft: Oder zumindest bis Vietnam, wo wir supercoole – und viele – Quallen sahen. Aber aus der Sicherheit eines Kanus.)

Trotz des angsteinflössendem Nachttauchgang: Am Ende waren auf jeden Fall alle zufrieden. Und müde.

So, kommen wir nun zum richtig tollen Teil des Tauchens. Die Meeresbewohner. Und natürlich Korallen. Auch wenn ich da leider keine Ahnung habe, wie die meisten davon heissen. Bei den Fischen kenne ich mich da inzwischen etwas besser aus. Wenn auch nur minimal. Eine meiner Lieblingstiere, die wir zum Glück immer wieder zu Gesicht bekamen, sind noch immer Schildkröten. Ob sie auf einer Koralle schlafen, graziös zur Oberfläche gleiten, gerade nach Luft schnappen oder sogar Geschäft Nummer Zwei erledigen: Sie sehen einfach immer so aus, als hätten sie Zeit und Weisheit zum Frühstück gegessen.

Neben den Schildkröten begegneten wir auch vielen anderen altbekannten «Gesichter»: Weissspitzenhaie (manche davon ebenfalls schlafend), Stein- und Feuerfische (beide hochgiftig, letztere sind aber deutlich einfacher zu sehen), Nemos und Dorys (und wahrscheinlich noch ganz viele andere Fische, die in Finding Nemo vorkommen und deren Namen ich leider nicht kenne), Box- und Pufferfische (leider nie gepufft) und unser aller Liebling, Nacktkiemer. In Englisch klingt ihr Name etwas schöner, Nudibranch. Im Grunde einfach Schnecken, die Unterwasser leben und alle möglichen Farben und Formen annehmen.

Wir hatten aber auch das Vergnügen, eine ganze Reihe von neuen Lebewesen zu entdecken. Nicht zuletzt natürlich auch Mantarochen. You know, der Grund weshalb die meisten überhaupt in Komodo tauchen gehen. Und ich muss zugeben: Ich hatte gar nie Angst vor Mantarochen, sondern von Stachelrochen. Erstere können nämlich gar nicht stechen.

Mein zweites Eingeständnis: Mantarochen sind ziemlich cool. Und gross. Riesige Meeres-Pancakes. Bei manchen Tauchgängen sahen wir leider keine, während sie bei anderen in ganzen Gruppen daherkamen. Meistens fanden wir sie bei sogenannten Cleaning Stations, wo die Rochen von kleineren Fischen geputzt werden. Oder aber sie schwammen wie bei einem Schulausflug in einer schönen Reihe an uns vorbei.

Aber egal wie elegant sich Mantarochen, Haie oder sogar Schildkröten durch das Wasser bewegen, der Top-Spot in einem (hypotetischen) Ranking würde definitiv einem anderen Tier gehören: dem Garden-Eel. I have nothing more to say. Google it. They are hilarious.

Neben dem Tauchen gab es natürlich noch ein anderes, sehr grosses Highlight. Die Komodo-Drachen. Zwei bis drei Meter grosse Echsen, die es nur in dieser Ecke der Welt gibt – I think. Während wir die Tiere aus ein paar Metern Distanz bestaunten, gaben uns die Ranger ein paar Informationen. Wie gross die Tiere circa werden, wie lange sie leben, dass sie Wasserbüffel jagen, wie viele ungefähr auf der Insel leben, bitte was?

Wie sich herausstellte, sind die Drachen nicht nur wie zunächst gedacht übergrosse, aber im Grunde harmlose Repitilien, nein. Wasserbüffel stehen auf ihrem normalen Speiseplan. Dies beweist auch der Wasserbüffelschädel, der einige Meter weiter drüben hängt. Menschen sind für sie also mehr ein Snickers als eine Gefahr. Gut zu wissen, denken wir, während wir eine kurze Wanderung durch das Komodo-Territorium machen. Der Ranger mit seinem Wanderstock kann uns sicher genügend beschützen. Hoffen wir zumindest. (Scheinbar ja. Oder wir hatten einfach Glück und die Drachen assen zuvor einen Wasserbüffel.)

Cringy meme in house production. Thanks to our sponsors Google Docs and MacOS Screenshot ❤️

Ein kurzes Fazit zum Abschluss

Teuer, anstrengend, nach den fünf Tagen lagen wir erstmals fünf Tage lang krank im Bett, suuuuper kalt. Bestes Essen, tolle Crew, unvergessliche Tauchgänge. Würden wir das ganze nochmals machen? Ohne zu zögern – vorausgesagt das Bankkonto gibt seine Einstimmung.

Für alle, die gerne noch mehr Unterwasserbilder sehen würden, hier der Link zu unserem Google-Ordner:

Dive Komodo
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Meine grösste Schande was Fotografie anbelangt: Ein Bild, wie es auf jedem einzelnen Tour-Agentur-Plakat in Labuan Bajo zu finden ist.