Neuseeland: Das Land der Kiwis, Orks… und der Deutschen?

Neuseeland: Das Land der Kiwis, Orks… und der Deutschen?

Da wir nicht genau einschätzen konnten, wie viel Zeit uns in Neuseeland bleiben wird, haben wir uns genau gar nicht auf das Land vorbereitet. Was zunächst zu einer langen und nicht ganz einfachen Planungs-Session führte. Noch eine Weile mit Gezzi und Leonie in der Gegen herumsegeln? Alleine im Norden bleiben? Weiter in den Süden? Rotorua? Wandern gehen? Könnte es sogar auf die Südinsel reichen?

Gemeinsam mit Gezzi und Leonie erkundeten wir Northland - und fanden dabei auch den einen oder anderen Wasserfall.

Wie so oft fiel uns die Entscheidung nicht besonders leicht. Letzten Endes fanden sowohl wir, wie auch Gezzi und Leonie, dass nach rund 1,5 Monaten die Zeit gekommen ist, getrennte Wege zu gehen. Besonders, da es die nächsten Tage regnen sollte und wir dann zu viert im Grunde genommen auf dem Schiff gefangen wären. Man kann sich noch so gerne haben, irgendwann braucht man doch einfach seinen Platz. Zuvor wollten wir unsere letzten Tage mit ihnen aber nochmals so richtig ausnutzen (was wir auch taten: geschätzte 80 Prozent der Dinge, die wir in Neuseeland sahen, waren während dieser drei Tage).

Cape Reinga: Von hier aus ziehen laut den Maori die Seelen in das Jenseits.

Der einfachste Weg, Neuseeland zu erkunden, ist mit dem Auto. Entsprechend mieteten wir uns eines um Northland, den nördlichsten Teil der Nordinsel, zu sehen. Auf dem Plan standen allerlei Stops: Cape Reinga – weiter nördlicher kann man nicht mehr gehen und laut Maori der Ort, wo die Seelen der Toten ins Jenseits übergehen – wie auch der Tane Mahuta – der Baum, der den Himmel von der Erde trennt und gleichzeitig der Sohn der beiden ist. Auch die riesigen Sanddünen durften nicht fehlen. Diese befinden sich in der Nähe von Cape Reinga und geben einen kleinen Eindruck, wie es wohl in der Wüste sein muss. Um nach dem Segeln mal richtig zu entspannen, gab es natürlich auch einen Ausflug zu den vulkanischen Hotsprings. Wobei ich zugeben muss, dass ich das Schweizer-Sein auch da nicht komplett los wurde: Immer wieder zog es mich in das 21 Grad (kalte) Bad, während die anderen die Zeit im 40 Grad Bad genossen.

Wofür die Nordinsel auch bekannt ist: Glühwurm-Höhlen. Einige sind äusserts touristisch (und entsprechend teuer), während man für andere nur die Augen offen halten muss. Die Höhlen scheinen auch ein beliebter Schulausflug zu sein, waren doch gefühlte drei Klassen gleichzeitig dort.

Was uns in Northland auch zu Haufen begegnete: gaaanz viele Kühe, nicht ganz so viele Schafe und sehr schweizerische Landschaften. Immer wieder tauchte der Gedanke auf: «Hie gseht‘s ja us wie im Emmitu.» Bis dann hinter der nächsten Kurve das Meer oder eine riesige Sanddüne auftaucht. Dann ist man ganz schnell wieder zurück in Neuseeland.

Ohne die Dünen im Hintergrund könnte das hier schon beinahe das Emmital sein.

Mit diesem vollen Plan vergingen die Tage wie im Flug und schon bald war es an der Zeit Abschied zu nehmen. Während Gezzi und Leonie per Schiff die Bay of Islands erkundeten, zogen Susumo und ich mit dem Bus weiter. An dieser Stelle ein riesengrosses M-E-R-C-I an Gezzi und Leonie. Wir hatten eine tolle Zeit mit euch und schätzten die Möglichkeit sehr, mit euch unsere ersten – und hoffentlich nicht letzten – Segelerfahrungen machen zu können.

Nach so langer Zeit auf dem Meer ist es definitiv Zeit für Berge.

Nun,  Menschen denken beim Wort Neuseeland wohl zunächst an Herr der Ringe. Leider wurden die meisten Szenen auf der Südinsel geschossen. Wofür uns leider die Zeit fehlte. Auf der Nordinsel befindet sich allerdings der berühmte Mount Doom und Hobbiton. Von Hobbiton wurde uns abgeraten – zu touristisch, zu teuer und zu wenig Zeit, um das Filmset wirklich zu geniessen – um den Berg hingegen kann man eine Wanderung machen. Sogar nicht nur irgendeine Wanderung: «die berühmteste Tageswanderung Neuseelands», wie jedes Hostel im Umkreis von 50 Kilometern warb. Den Aufwand hätten sie sich sparen können. Mich musste man dafür gar nicht überzeugen, fehlten mir nach einem Monat Asien und einem Monat Tonga und Meer die Berge doch ein bisschen.

Da es allerdings nur eine Tages- und keine Zwei-Wochen-Wanderung ist, entschieden wir uns, zuvor einen Stopp in Rotorua einzulegen. Die Stadt ist ein beliebter Touri-Hotspot. Wortwörtlich. Sie befindet sich nämlich auf geothermischem Boden. Dies macht sich bereits beim Spaziergang durch den Park bemerkbar: Überall sprudelt heisses Wasser oder Schlamm aus der Erde. Und damit auch der Schwefelgeruch, der einem überall in der Stadt aus dem Nichts entgegenzieht.

Neben den heissen Quellen und dem damit einhergehenden Spa hat Rotorua aber auch sonst einiges zu bieten. Auf einer Führung durch die Whakarawarewa-Maori-Village lernten wir einiges über die Traditionen der Ureinwohner, wie auch deren Konflikte mit der Regierung. Im Redwoods bestaunten wir die riesengrosse Farnblätter und in der kleinen Kletterhalle wagten wir uns zum ersten Mal seit drei Monaten wieder in die Höhe.

Auch riesige Farne sahen wir in Neuseeland mehr als genug.

Beim Wort Neuseeland denken die meisten Menschen wohl nicht unbedingt an Deutsche. Wie uns später gesagt wurde, kommen die meisten Touristen in Neuseeland aus Australien. Falls das stimmt, waren wir definitiv in den falschen Hostels. Denn bei uns schienen diese vor allem aus Deutschen bestanden zu haben. Das Hostel in Rotorua war besonders schlimm: Gefühlte fünf verschiedene Gruppen von Deutschen schienen sich gleichzeitig dort zu befinden. Egal, zu welcher Tageszeit wir auch in der Küche standen, mindestens drei andere Deutsche waren ebenfalls dort. Letzten Endes waren wir also in Neuseeland, sahen keinen einzigen Kiwi, dafür aber eine Unmenge an Deutschen. Wahrscheinlich mehr, als wenn wir nach Deutschland gegangen wären.

Der allseits bekannte Mount Doom.

Nicht zuletzt deswegen war es nach einer Woche Zeit, weiter zu ziehen. Auf nach Turangi, von wo aus wir unsere erste richtige Wanderung seit drei Monaten antreten wollten. Auch wenn wir etwas unsicher waren, ob wir für rund 1800 Metern über Meer gut ausgerüstet waren – die Berge wollte ich mir nicht nehmen lassen. Per Shuttle wurden wir am Montagmorgen um 5.30 Uhr abgeholt und an den Start der 19 Kilometer langen Wanderung gebracht. Auf der offiziellen Webseite stand geschrieben, dass das Crossing rund sieben bis acht Stunden dauern würde. Mit fünf Litern Wasser und Essen für wahrscheinlich zwei Tage waren wir auf ein paar anstrengende Stunden eingestellt.

Diesen Gipfel darf man leider nicht besteigen.

In dieser Hinsicht wurden wir etwas enttäuscht. Der Tongariro Alpine Crossing wäre in der Schweiz definitiv nur als Bergwanderung und nicht Alpin gekennzeichnet. Eine Aussage, die während der Wanderung zu einer heissen Diskussion führte, ob sich alpin auf die Schwierigkeit oder einfach die Umgebung bezieht.

Die Landschaft lässt nichts zu wünschen übrig.

Zugegebenermassen, ich war nicht besonders böse darüber, dass sich die Wanderung als nicht ganz so anstrengend herausstellte. Besonders, da die Szenerie nichts zu wünschen übrig liess. Der einzige Minuspunkt sind die Anzahl Menschen. Gibt man am Anfang allerdings etwas Gas, kann man die Massen schnell hinter sich lassen. Nach einem anstrengenden Aufstieg über die Devil’s Stairs bekommt man schon den Mount Doom zu sehen. Besteigen darf man ihn – wie auch den Mount Tongariro – nicht, da die beiden Berge für die Maori heilig sind. Aber auch aus der Ferne sind die beiden Vulkane eindrücklich. Sobald man den Red Crater – den höchsten Punkt der Wanderung und buchstäblich einfach ein Roter Krater – hinter sich hat, dampft es überall aus dem Boden. Eine Vulkanlandschaft wie aus dem Bilderbuch. An den Emeraldlakes vorbei führt der Weg schon wieder nach unten und nach 5,5 Stunden kamen wir auch schon am anderen Ende an. Glücklich und nicht ganz so ausgelaugt wie gedacht, genossen wir trotzdem das kalte Bier oder die Lemonade, die im Shuttle Service inbegriffen war.

Der Dampf gibt einem schon beinahe das Gefühl, selber in Mordor zu sein.

Beim Wort Neuseeland denken viele Menschen wohl auch an Kiwis. Wie bereits erwähnt, haben wir die nicht fliegenden Vögel nie gesehen. Dafür sahen wir sehr viele andere Vögel, die einfach so ihr Leben am Boden genossen. Denn: Um die Kiwis zu schützen, hat Neuseeland seine Raubtiere praktisch ausgerottet. Ein vielleicht nicht ganz gewollter Nebeneffekt: Kaninchen gibt es auch zu haufenweise. Immerhin vermehren sich die Tiere wie, nun ja, Kaninchen halt. Etwas, womit Neuseeland nun schon seit einer Weile kämpft, wie uns unser (deutscher) Autofahrer auf der Fahrt nach Auckland erklärt.

Nach der tollen Wanderung kam schon bald wieder die Zeit für den nächsten Flug.

Was bleibt noch zu sagen? Nach Turangi ging es Richtung Auckland, von wo aus unser nächster Flug startete. Nach der «Kälte» in Neuseeland freuten wir uns, wieder «Back to the Roots» zu gehen. Zurück nach Singapur. Besonders, da uns dort auch ein Stückchen Heimat erwartete.